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Linde - Tilia platyphyllos Winterlinde Tilia cordata Sommerlinde

Rosen
Wo wäre eine Linde in deutschen Landen - und gewiss ist es in anderen auch so - unter der nicht eine Bank stünde oder neben der sich nicht eine Kapelle befände. Die Schönheit ihres Baues, das Überdach ihres Schattens und das gesellige Summen in ihren Zweigen laden dazu ein.
(Adalbert Stifter)


Die Linde, ein weitverbreiteter Hausbaum, gilt als Freund des Menschen, als Glücksbringer. Botanisch unterscheidet man die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) und die Winterlinde (Steinlinde, Tilia cordata)

Die Sommerlinde ist die Pflanze, die in den physiologisch-biologisch begründeten "phänologischen Jahreszeiten" den Vollsommer ankündigt.
Möglicherweise steht der deutsche Name in Beziehung zu lind (weich, geschmeidig), wegen des geschmeidigen Basts oder des weichen Holzes.

Wie tief die Linde im Volksleben verwurzelt ist, zeigt auch die große Zahl von Flur- und Familiennamen. Linz ist der Lindenhain, Leipzig kommt von Lipkso und bedeutet Lindenort. Linn bei Brugg verdankt seinen Namen einem heute noch lebenden jahrhundertealten Baum. Vom keltischen und altfranzösischen til stammen westschweizerische Ortsbezeichnungen wie Tilliez, Montillez oder Muntelier ab. Lindner, Lindacher, Terlinden, Lindström sind häufige Familiennamen...
Früher gab es zahlreiche Alleen, die beidseitig mit Linden bestanden waren, darauf weisen noch heute Straßennamen hin: "Unter den Linden" oder "Lindenallee". Mit zunehmendem Straßenverkehr ging der Bestand der Linden dann stark zurück - sie vertragen die Auto- und Industrieabgase nicht und verkümmerten.

In Schweden hatten die Familien ihre Schutzbäume. Die Familien Linné, Lindelius und Tiliander leiteten ihre Namen von derselben dreistämmigen Linde ab. Als die Lindelius ausstarben, dorrte einer der Schäfte ab; nachdem die letzte Tochter des berühmten Botanikers Linné kinderlos gestorben war, trieb der zweite nicht mehr aus, und mit dem Erlöschen der Familie Tiliander ging der ganze Baum dahin....
Auch für den Nibelungenhelden Siegfried war die Linde Schicksalsbaum: Als er sich im Blut des erschlagenen Drachens unverwundbar badet, heftet sich ein Lindenblatt an seine Schulter, verhindert den vollkommenen Schutz, und unter einer Linde stirbt er von der Hand des grimmigen Hagen." (Kuechli).

Der botanische Name ist verwandt mit dem griechischen tilos, Faser. Der Reichtum an Bastfasern in der Rinde ist eine Spezialität der Linde. Die Pfahlbauer haben einst ihre Kleider aus Leinenfasern und Lindenbast gewoben.

Heute stehen in den Dörfern Mehrzweckhallen, früher gab es Linden. Die "Dorflinde" wird in Meyers Konversationslexikon definiert: "Dorflinde, eine vielerorts auch in Städten und Märkten als Mittelpunkt des Rechts- und Gemeinschaftslebens, auf dem Gerichtsplatz oder der dörflichen Versammlungs- und Feststätte gepflanzte und gepflegte Linde"
Die Sommerlinde, die häufig erst im Alter von 15-30 Jahren blüht, war der klassische Mittelpunkt der Dörfer, der Treffpunkt im Ort, an dem sich das gesellige Leben der Leute abspielte.
In manchen Orten wurde sie sogar zum "Tanzsaal" umfunktioniert - die weit ausladenden Äste der "Tanzlinde" wurden – oft über Jahrzehnte hinweg – zu waagrechten Astkränzen geformt. Darüber wurden Bretter gelegt; dazu Geländer, Leitern und stützende Pfosten – und der Tanzsaal im Freien war fertig.
"Schon um die Linde war es voll und alles tanzte schon wie toll!" schrieb schon Goethe.
Erhalten sind noch eine Tanzlinden in Limmersdorf bei Bayreuth und eine in Schenklengsfeld in der Nähe von Bad Hersfeld. Eine sogenannte "Apostellinde", bei der zwölf Äste (12 Apostel) einer Linde künstlich in die Breite gezogen und die weit ausladenden Äste mit Säulen gestützt wurden schmückt noch heute die Ortsmitte in Effeltrich bei Erlangen.
800 Jahre alte Linde in Effeltrich Foto Brandt800 Jahre alte Linde in Effeltrich Foto Brandt800 Jahre alte Linde in Effeltrich Foto Brandt


Die Linde gewährte Schutz vor Gewitter und bösen Geistern. Auf die Linde ließen sich Krankheiten übertragen (Sympathiepflanze), dazu sprach man z. B. "Gichtfluss, du sollst stehen, du sollst vergehen, sollst verschwinden, wie das Laub an der Linden".
"Unter Linden" schwörte man einen Eid, dort fand das Gericht statt und dort führte man Beratungen durch. Viele Urkunden belegen das alte "judicum sub tilia", das noch bis Ende des 18. Jhdts praktiziert wurde.

Auch die Linde ist eine Pflanze mit Spielwert: die Winterlinde, eine der besten Bienenweiden, bietet gutes Schnitzholz; die Früchte der Sommer-Linde kann man als kleine "Hubschrauber" fliegen lassen.. Bei beiden Linden färben sich die mattgrünen Blätter im Herbst strahlend gelb.

Bei den Germanen und Slawen galt die Linde neben der Eiche als heiliger Baum, dessen Holz bei rituellen Verbrennungen der Toten verwandt wurde.

Im keltischen Baumkreis ist die Linde gültig vom 11. - 20.3. und 13.- 22.9.

In Sagen erscheinen Linden häufig als Sammelplatz der Hexen. Im Rahmen der Christianisierung wurde dann aus der Freya-Linde die Marienlinde, zu der auch Wallfahrten stattfanden, wo man sich einige "heiligkraftbesitzende" Blätter mitnahm.

Die Linde galt im Mittelalter als des heiligen römischen Reiches Bienenweide und stand unter strengem Bann, denn damals war Honig der einzige Süßstoff. Außerdem wurde das Wachs gebraucht für Altarkerzen, Schreibtafeln oder Siegel. Noch heute verlangt die katholische Kirche Bienenwachs für die Opferkerzen und ist die Linde eine wichtige Trachtpflanze für die Imker. (Quelle)

LiebespflanzeMit ihrem herzförmigen Blatt war sie der Liebesgöttin Freya geweiht.

"Sieh das Lindenblatt, du wirst es wie ein Herz gestaltet finden,
drum sitzen die Verliebten auch am liebsten unter Linden"
(Heinrich Heine)


Die Bedeutung der Linde als Baum der Liebenden findet man in vielen Volksliedern und Bräuchen beschworen: "wo wir uns finden, wohl unter Linden, zur Abendzeit" oder "Unter der Linden auf der Heiden, da unser zweier Bette war...(Walther von der Vogelweide).
In der Eifel fanden unter den Linden zur Kirchweih die "Maienehen" d.h. Mädchenversteigerungen statt, bei der sich ein Mann das Privileg erkaufen konnte, ein Jahr lang mit diesem Mädchen auf alle Feste zu gehen. Zeigte es sich im Laufe des Jahres, daß das Mädchen dieser Auszeichnung nicht würdig war (keine Jungfräulichkeit!), wurde die Linde "gescheuert";d. h. der Rasen oder das Pflaster um den Stamm mußte erneuert werden.

Die Linde in der Heilkunde

Das Wasser aus der Blüet gebrennt/ wird hoch gerühmet wider die Fallende sucht der jungen Kinder: wil man aber diesen Tranck etwas stärcker haben/ soll man ein drittheil Päonienwasser darzu vermischen. Es wird auch sonst gebraucht wider den Schlag/ den Schwindel und andere kalte Gebresten dess Hirns. Wen der Schlag getroffen hat/ der nimm Lindenblüetwasser/ Mayenblumenwasser/ unnd schwartz Kirschenwasser/ vermische sie durch einander/ und trincke jederzeit ein Untz darvon. Diss Wasser getruncken/ ist gut den versehrten Därmen/ von der rohten Ruhr/ [wird von etlichen auch für das Bauchgrimmen geben. Das Wasser von Lindenblüet/ vertilget die Flecken im Angesicht.
(Tabernaemontanus)


Aus der Lindenblüte wird der "Haustee" aus Omas Apotheke zubereitet, der sich auch mit anderen Kräutern vermischen läßt. 10 g getrocknete oder frische - Lindenblueten mit kochendem Wasser ueberbruehen und 5 Minuten ziehen lassen. Dann durch ein Sieb in Tassen giessen und nach Belieben mit Honig süßen. Im Winter heiß getrunken aufwärmend, im Sommer kalt getrunken ist er mit Pfefferminzblättern garniert sehr erfrischend. Verdoppelt man die Menge der Blüten, ist er ein schweißtreibender Heiltrunk bei Erkältung.


300 Jahre kommt sie, 300 Jahre steht sie, 300 Jahre vergeht sie (Volksmund)

Ein Bad mit Lindenblüten wirkt entspannend (Blüten aufkochen, abseihen, die Flüssigkeit dem Badewasser zugeben).
Hier bestellbar: Lindenblütentee von Sonnentor

Zum Räuchern geeignet gemischt mit Ringelblume, Himbeere und Huflattich.

Die Linde literarisch

Ein literarisches und leckeres Rezept, um "verlorene Zeit winderzufinden", stammt von Marcel Proust, dem das Geräusch einer Madeleine in Lindenblütentee getunkt, der Schlüssel zur verlorenen Zeit seiner Kindheit war.

Lindengedichte
Müller Gedicht Am Brunnen vor dem Tore
Rückert - Gedicht: Ich atmet' einen linden Duft
Sagen um die Linde

Linktipps:
Limmersdorf Lindenkirchweih
Förderkreis Tanzlinde Peesten

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