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Legende von der Christrose

Vor langer Zeit, als noch der Norden im Bann des Heidentumes lag,
und schrittweise nur die neue Lehre durch fromme Priester Bahn sich brach,
da thront auf stolzem Edelsitze, umringt von seinem Hofgesind
éin mächt´ger Fürst, german´schen Stammes, mit Helga, seinem holden Kind.
Verhaßt war ihm der Christenglaube, schwertlosen Mann hielt er nicht wert.
Doch Helga, der die fromme Amme vom Christuskinde hat erzählt,
hat sich den stillen, sanften Jesus zum Herzenskönig auserwählt.
Mit Stürmen geht das Jahr zu Ende. Es türmet sich der Schnee zu Hauf
da sieht das Mädchen am Kamine zum finstern Vater fröhlich auf.
"Oh Vater, morgen ist Weihnachten," sie streicht das blonde Haar zurück
"Ja, morgen ist das Fest der Freude!" Ihr Stimmchen bebet schier vor Glück.
"Schweig´mir mit deinen Ammenmärchen, der weise Gott gefällt mir nicht,
der immer nur von Feindesliebe, von Frieden und Versöhnung spricht.
In meinem Gau gilt noch die Regel: Der starke Herr, der schwache Knecht.
Ein König ohne Schmuck und Waffen, von dem man nichts gewisses weiß,
der steht bei uns nicht hoch im Preis.
Wo ist sein Land? Wo seine Leute? Mit Dornen hat man ihn gekrönt.
Am Schandpfahl mußt´er schmählich enden." Klein Helgas Vater grimmig höhnt:
"Eh`ich dem Christengott mich beugte und unterm Kreuze sollte knie`n,
eh müßten hier vor meinem Auge die Rosen unterm Schnee erblüh`n."
Klein Helgas Augen stehn in Tränen, Ihr Herz zuckt bei dem schlimmen Wort.
Es zieht sie aus des Vaters Nähe zum dichtverschneiten Walde fort.
Dort, wo das Reh nur leise schreitet, kniet nieder sie in ihrer Not.
Sie faltet fromm die kleinen Hände und betet zu dem Christengott:

"Herr Jesus in der Herrlichkeit, dein Reich ist groß, dein Arm reicht weit.
Du hast mit deiner Wundermacht viel größeres dereinst vollbracht.
Erhöre eines Kindes Flehn, laß auch ein Wunder heut`geschehn,
daß Vater deine Allmacht schaut und an dich glaubt und dir vertraut.
Schaff Rosen, Herr, wie er begehrt, daß sich sein Fluch in Segen kehrt.
Ich weiß`, du kannst`s, ich glaube fest, daß du Herr, dein nicht spotten läßt."

Getröstet geht das Kind nach Hause. Bald bricht die Heilige Nacht herein.
In weißer Hülle liegt die Erde, vom Himmel flattert Sternenschein.
Da tritt ein Engel in die Kammer, in der das Mädchen friedlich schlief.
Er trug ein Pflänzchen in den Händen und grub es in die Erde tief.
"Du sollst ein Zeugnis sein des Höchsten, daß fromme Glaube Wunder schafft.
Blüh`denn zum Preis des Jesuskind um Weihnacht stets mit neuer Pracht."
Am Morgen, als der Graf erwachte, wollt`er den Augen nimmer traun,
denn unter Helgas Fenster waren die schönsten Rosen anzuschaun.
Da schmilzt sein Trotz wie Schnee im Frühling, Anbetend sinkt er in die Knie,
und Helga schlingt um ihn die Arme: "Christrosen, Vater!" , jubelt sie!

(zugesandt von einer Besucherin - herzlichen Dank!)
Helleborus in unserem Garten Foto Brandt

Helleborus niger - Christrose

Diese Staude (Helleborus niger) blüht ab Dezember mit anmutigen weißen Blüten. In der Vorweihnachtszeit ins kühle Zimmer geholt, blüht sie sogar noch einen Monat früher. Ein Strauß aus weißen Rosen, kombiniert mit den zarten Blüten der Christrose – das ist ein Wintermärchen!
Auf dem Land galt die Christrose als Orakelblume. Man stellte in der Weihnachtsnacht zwölf Blütenknospen der Christrose ins Wasser.
Jede Knospe bedeutet einen Monat, und man liest das Wetter des kommenden Jahres an der Art und Weise ab, wie sich die Knospen öffnen.
Die geschlossenen Knospen bedeuten schlechtes Wetter, die offenen gutes.

Mehr über die Christrose

Eduard Mörike Auf eine Christrose

Die Schönste bist du,
Kind des Mondes,
nicht der Sonne.
Dir wäre tödlich
andrer Blumen Wonne.
Dich nährt,
den keuschen Leib
voll Reif und Duft,
himmlischer Kälte
balsamsüße Luft.

BuchtippBuchtipps:

Der kleine Stern von Kasuya, Masahiro / Peter Bloch Wunderschönes Bilderbuch um die Christrose
Die Christrose - ein Weihnachtsmärchen von Sepp Bauer, Else Wenz-Vietor 32 S. Lappan 2006
Die Legende von der Christrose von Selma Lagerlöf

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